Das Konzert - Hartmut Lange - das Labyrinth der Schuld

Das Leben geht weiter nach dem Tod, so, als würde der Mensch nur durch eine Tür gehen in einen angrenzenden Raum, wo ihm sein Leben wie in einem Spiegel noch einmal auf seltsame Weise begegnet. Lewanski, der Pianist, mit 28 Jahren von den Nazis ermordert, besucht den Salon von Frau Altenschul, wo sich Juden aus gehobener Gesellschaft, verbunden durch ihr Schicksal eines abrupten Todes, treffen und auch ihre Mörder, Herr Klevenow zum Beispiel, möchte Zutritt bekommen zu jenem Anlass, um endlich von den Opfern Vergebung zu erfahren. Bei der Lektüre dieses Buches baut sich die Frage der Schuld auf, wie eine dunkle Gewitterfront, nein, mehr noch, wie ein Berg, der nicht zu bewegen ist, nein, mehr noch, wie ein auf das Schicksal herunterstürzender Fels, der von keiner Kraft mehr wegbewegt werden kann. Alle sind in der Schuld gefangen: die Täter sind über den Tod hinaus gefesselt von ihren Taten, die Opfer sind bis ins Transzendente in ihrer Opferrolle eingesperrt und man fragt sich: Wie ist Erlösung möglich? Nach der Lektüre dieses Buches muss man auf einen Berg steigen und es hinausschreien: Wie wird der Mensch von seiner Schuld befreit? Denn er kann es selber nicht, durch keine Kunst, durch keine Bemühung, durch keine Anstrengung, die Schuld bleibt haften: So muss der Pianist Lewanski vor den Tätern, die ihn umgebracht haben, auf dem Klavier spielen, er versucht es, schwingt sich in die befreienenden Melodien von Beethovens späten Sonaten, dann aber bricht er ab, stürzt hinunter in die Ohnmacht, läuft weg, verliert sich: Und wieder fragt man sich: Wo gibt es Erlösung? Und endlich, ausserhalb dieser Novelle, zeichnet sich ein heller Streifen am Horizont ab, ein Licht geht auf hinter den Hügeln der Grausamkeiten, hinter den schroffen Felsen der Schuld, ein Licht des Göttlichen, ist es am Ende nur Gott, der verzeihen kann, und durch diese Verzeihungskraft kann endlich der schuldig gewordene Mensch auch Gott verzeihen, dass er ihn in dieses Schuldlabyrinth geführt hat?

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Kommentare: 1
  • #1

    Ruedi Grob (Freitag, 30 Januar 2015 06:55)

    Gott verzeiht uns in Jesus Christus, wir können uns und unseren Nächsten verzeihen und so
    als Versöhnte können wir uns auch mit Gott versöhnen. Vielleicht erleben wir aber auch Versöhnung mit einem Nächsten so quasi ohne Gott und erfahren so erst Gott als versöhnenden und erlösenden Gott( siehe auch das Gleichnis vom verlorenen Sohn). Ein geheimnisvolles Hin und Her, aus dem wir immer wieder Hoffnung und Lebensmut schöpfen dürfen.